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Das große Los - Bitte lesen ...

Geschrieben von Redaktion am .

Hündin Merle ist aufgeregt.

Zum ersten Mal, seit sie als Welpe in der Auffangstation abgegeben wurde, darf sie diese verlassen.

Sie hat das große Los gezogen, sagen ihre Pfleger – eine Familie in Deutschland hat sie adoptiert und verspricht, ihr ein „für immer Zuhause“ zu geben.

Sie wird zum Transporter gebracht, überall sind Menschen, fremde Gerüche, -rein in die Box, raus aus der Box.

Dort wird sie von strahlenden Menschen in Empfang genommen, ihrer neuen Familie, so stellen sie sich zumindest vor, endlich Zuhause angekommen.

Merle ist aufgeregt!

Wieder ganz viele neue Gerüche, neue Eindrücke. Die Familie zeigt ihr ein Hundebett, ihr neuer Schlafplatz und freut sich, dass es Merle zu gefallen scheint.

Doch an Schlaf ist noch gar nicht zu denken. Alles muss beschnüffelt werden. Irgendwann muss sie Pipi, ist sie doch schon mehrere Stunden unterwegs.

Sie hockt sich hin und löst sich, so wie sie es schon ihr ganzes Leben gemacht hat.

Böse Blicke ihrer Familie. Merle ist verunsichert. Was hat sie falsch gemacht?

Der nächste Tag- ihre Familie freut sich sie zu sehen. Merle freut sich auch. Endlich Aufmerksamkeit, ganz für sie alleine. Wir gehen jetzt spazieren heißt es. Merle weiß nicht was das bedeutet, doch die Menschen freuen sich, also freut Merle sich auch. Sie ziehen ihr ein Geschirr an. Ein was? Noch nie vorher gesehen. Ah, das war doch das was sie auch im Transporter getragen hat.

Das war stressig, das muss sie nicht noch einmal haben. Merle versucht auszuweichen. Ihre Familie hält sie fest. Sie sind stärker, also hat Merle das Geschirr an. Nun wird sie angeleint und man versucht sie mitzuziehen. Merle duckt sich, was möchte ihre Familie von ihr?

Wenn sie einen Schritt vor macht wird sie gelobt. Merle freut sich wenn ihre Familie sich freut.

Sie möchte so gerne gefallen. Draußen ist Merle erschlagen von den ganzen Eindrücken.

Wiese- wie schön, das kennt sie schon. Doch was bewegt sich da so schnell? Merle zieht den Schwanz ein und weicht aus, die Leine hindert sie am Flüchten. „Stell dich nicht so an, das sind nur Autos“ sagt ihre Familie. Sie gehen weiter, der Verkehr wird immer mehr- schnell, langsam, groß, klein, Motorräder, Fahrräder. Merle wird immer nervöser, ist zu aufgeregt um sich zu lösen.

Es war sehr anstrengend für Merle, endlich zuhause, doch was jetzt? Ihre Familie zieht sich an.

„Wir kommen gleich wieder“ Was bedeutet das? Merle wird nervös, rennt unruhig im Haus hin und her. Wo sind alle hin? War es das mit ihrem großen Los? Sie braucht irgendwas um sich abzureagieren. Da- ihr Hundebett. Ihre Familie hat sich doch so gefreut als sie es gestern wahrgenommen hat.

Hektisch beginnt sie es zu zerrupfen. Danach geht es ihr noch nicht viel besser und sie ist immer noch alleine. Oh, ein Hundespielzeug. Auch das zerkleinert sie in viele Einzelteile und Pipi muss sie auch.

Wieder löst sie sich auf dem Teppich, war es doch draußen viel zu aufregend.

Ihre Familie kommt zurück, Merle freut sich. Sie haben sie nicht vergessen. Doch ihre Familie schaut sie genervt an. Sie bringen fremde Menschen mit. Diese kommen zu Merle und wollen ihr über den Kopf streicheln. Alle wollen doch den Neuankömmling kennenlernen. Merle ist verunsichert, knurrt.

Wer sind diese fremden Menschen? Wieder böse Blicke ihrer Familie, ein scharfes Nein.

Merle ist verunsichert, was hat sie falsch gemacht?

Die Tage vergehen, ihre Familie versucht so weiterzuleben wie vorher, nur dass Merle jetzt auch da ist.

„Die passt sich an, sie muss lernen das hier nichts Schlimmes passiert.

Sie wird weiterhin an den Autos vorbei gezerrt, noch länger allein gelassen und immer böse angeguckt wenn sie etwas kaputt gemacht hat. Merle ist von Tag zu Tag überforderter. Sie ist gestresst, kommt nicht zur Ruhe, versucht ihre Unruhe durch Zerstören auszugleichen.

Irgendwann reicht es der Familie und sie rufen bei der Tierschutzorganisation von Merle an, sagen es klappt nicht. Sie ist anstrengend und macht alles kaputt. Sie soll zurück, besser heute als morgen.

Vorbei die Zeit als ihr ein „für immer Zuhause“ versprochen wurde.

Denn, was die Menschen nicht bedacht haben: Für Merle war die Ankunft in Deutschland ein absoluter Kulturschock. Alles ist anders, der ganze Tagesablauf. Anstatt nur Hunde um sich herum zu haben, wuseln jetzt Menschen um sie herum. Anstatt mit ihr kleinschrittig alles zu üben, wurde sie ins kalte Wasser geworfen. Und weil sie in dem nicht schwimmt, muss sie zurück.

Es scheint wie ein Trend zu sein, dem immer mehr Menschen folgen. Sie verlieben sich in einen Hund, wollen ihm ein Zuhause geben, versprechen Zeit, Geduld und Liebe. Doch oft fehlt es an Bereitschaft, wenn der Hund dann da ist.

Der erste Weg das Problem anzugehen, führt oftmals nicht zu einer kompetenten Hundeschule, oder einem Trainer, sondern mit einer „Rückgabebitte“, zurück zum Verein-als wäre das Lebewesen eine Sache, die man beim nicht funktionieren einfach zurückgibt oder umtauscht.

Manchmal sogar noch dann, wenn man bereits seit Jahren mit dem Hund zusammenlebt und sich mit manchen Besonderheiten arrangiert hat- also auch nicht mehr weiter trainiert hat.

Ändern sich dann die Lebensumstände, werden die Besonderheiten doch zu einem Problem, und wie löst man das Problem am schnellsten? Der Hund muss gehen.

Wir möchten an dieser Stelle niemanden angreifen, doch noch einmal dafür sensibilisieren, Verständnis für die Neuankömmlinge zu entwickeln. Erwartet nicht direkt von eurem Hund, dass er sich verhält als wäre er schon seit Jahren hier. Habt Geduld und zeigt ihm, dass die Welt hier nicht so schlimm ist. Arbeitet kleinschrittig, lobt viel und macht im Zweifel lieber wieder einen Schritt zurück.

Wenn ihr unsicher seid, holt euch Hilfe bei einem kompetenten Hundetrainer, oder meldet euch bei uns, wir helfen auch so gut wir können.

Doch BITTE tut es eurem Hund und uns nicht an, nach 3 Wochen schon die Flinte ins Korn zu werfen und zu sagen es klappt nicht. Versucht jeden kleinen Fortschritt zu sehen. Habt das vor Augen, was ihr schon geschafft habt.

Ein Hund ist ein Lebewesen, keine Sache. Viele Hunde kommen von Anfang an gut in Deutschland klar, andere brauchen die Unterstützung ihrer Adoptanten, oder der Pflegefamilie.

Doch eins haben alle gemeinsam: die Arbeit, Zeit und Mühe, die man am Anfang in die Er- und Beziehung steckt, zahlen sich aus und man hat ein Leben lang einen tollen Freund an seiner Seite.